Die Krampus-Karte
„Es war am Abend vor dem Nikolausabend, jetzt muss ich nur noch einmal schlafen gehen, dann kommt der Nikolaus“ dachte ich als ich mit meinem Vater in den Stall ging.
Je näher dieser Tag kam umso mehr bemühte ich mich brav und artig zu sein. Ich war damals drei Jahre alt und hatte eine rege Fantasie. Ich stellte mir lebhaft vor, wie sich der Nikolaus heute vorbereitet, sah ihn sogar wie er hinter den Wolken herumging.
Wir waren noch nicht lange im Stall, da kam Rosa herein gelaufen und rief mir zu, dass ich schnell mit ihr mitkommen sollte, denn das Post-Annale, das war unsere Briefträgerin, hätte für mich etwas gebracht. Eine freudige Erwartung ließ mein Herz ganz schnell klopfen. Ich lief mit meiner Schwester in das Haus bis in die Stube.
Auf dem Tische sah ich eine Karte liegen, Rosa nahm sie auf und drehte sie zu mir. Mit Entsetzen starrte ich zur Karte, sie war feuerrot und man sah wie ein schrecklicher, hässlicher Krampus auf Skiern abwärts fuhr. Mit beiden Händen zog er zwei weinende Kinder nach sich und aus seinem Rucksack ragten vier Kinderfüße heraus. Auf seinem Kopf hatte er zwei Hörner und seine schwarzen Haare standen nach oben, das grässlichste aber war sein Gesicht, zwei stechende, spöttische Augen blickten zu mir und sein Mund stand hässlich lachend weit offen. Mit Entsetzen starrte ich die Karte an.
Rosa drehte nun die Karte um und begann mit einer tiefen, drohenden Stimme zu lesen: „Berta, Berta hudertfünfundfünzig mal bist du böse gewesen, bist du es noch einmal, geht es dir wie den Kindern auf der Karte!“
Rosa drehte die Karte wieder um und der hässlich lachenden Krampus schaute mich wieder an. Plötzlich ging ein Zittern durch meinen Körper und ich fing an leise zu weinen und ich weinte und weinte und konnte nicht mehr aufhören. Alles trösten und zureden nützte nichts, ich weinte bis ich vor Mattigkeit einschlief. Als ich am nächsten Morgen aufwachte, musste ich sofort wieder an den lachenden Teufel denken und fing wieder an zu weinen. Mein Körper glühte und ich hatte hohes Fieber. Alle sorgten sich um mich, aber niemand wusste wie man mir helfen könnte. Da hatte Mutter eine Idee, sie kaufte eine Karte auf der ein freundlich lachender Nikolaus zwei Kinder beschenkte.
Sie zeigte sie mir und las dann mit einer Engelsstimme vor, dass Nikolaus mich grüßen will und dass er am Abend allein, ohne den Krampus mich besuchen wird. Ich griff nach der Karte und schaute sie an und endlich konnte ich aufhören zu weinen.
Die Angst vor dem hässlichen Teufel aber saß noch tief in mir. Ich hatte Angst allein in meinem Bett zu schlafen weshalb Mutter mich wochenlang bei ihr im Bette schlafen ließ.