Meine Schuljahre in der Faschistenzeit

Endlich war ich sechs Jahre alt und durfte in die Schule gehen. Lange hatte ich mich schon darauf gefreut. Als ich in die Schule kam, saß meine Freundin schon auf einer Schulbank. Sie hatte den Platz neben ihr für mich freigehalten. Ich setzte mich erfreut auf meinen Platz. Jetzt war ich groß und durfte wie damals Rosa und ihre Mitschüler auf einer Schulbank sitzen. Ich musste nicht mehr in der kleinen Ecke zwischen der schwarzen Tafel und der weißen Mauer stundenlang stehen oder sitzen.

Das Fräulein Lehrerin war noch sehr jung und lieb, aber sie konnte kein Wort deutsch sprechen. Da wir Schüler noch nicht italienisch verstanden, war der Schulbeginn für alle sehr schwer.

Nach einigen Wochen bekam jeder Schüler ein Formular, das wir für Vater mit nach Hause nehmen mussten. Vater sollte es unterschreiben und mit seiner Unterschrift bestätigen, dass er einverstanden ist, dass sein Kind bei den Faschisten eingeschrieben wird.

Mein Vater sagte nein und unterschrieb nicht. Vater hatte einen starken, ehrlichen Charakter. Er hätte sich als Verräter und Heuchler gefühlt, wenn er seine Kinder bei den verhassten Faschisten hätte einschreiben lassen.

Bei meinen älteren Geschwistern war es auch noch nicht so schlimm, denn in jeder Klasse blieben noch 8-10 Kinder übrig, die nicht eingeschrieben waren. Das war in meiner Klasse ganz anders. Alle meine Mitschüler brachten das Formular unterschrieben zurück.

Ich war die einzige die nicht eingeschrieben wurde. Zuerst schien es als ob sich zwischen den neu eingeschriebenen Faschisten und mir nichts ändern würde. Die Lehrerin war gleich leib und nett zu mir und auch zwischen den Mitschülern lief auch alles gleich weiter. Doch bald schon sollte sich das ändern.

Wenn Vater geahnt hätte wie viel Kummer und Schmerz sein ehrlicher Charakter bringen sollte, wäre er sicher nicht beim „Nein“ geblieben.

Als zwei Wochen nach der Einschreibung die Pakete mit der Divisa, bzw. der Faschistenmontur und dem Willkommensgruß der Faschisten verteilt wurden, und ich allein leer ausging, spürte ich zum ersten Mal wie weh es tat als einzige von einer Gemeinschaft ausgeschlossen und auf die Seite gestellt zu werden.

Seitdem hatte die Schule für mich zwei Seiten. Die schöne Seite war die Schule selbst. Ich ging immer gerne in die Schule, lernte leicht und gehörte immer zu den Klassenbesten.

Die schwarze Seite war, dass ich oft als einzige von der Gemeinschaft ausgeschlossen wurde. Dazu kam noch, dass ich mit meinen Problemen allein fertig werden musste. Ich konnte weder mit meiner Freundin noch daheim darüber sprechen, denn ich wusste, dass ich damit meinem ahnungslosen Vater sehr wehgetan hätte.